Was ist die Mitte des Christentums? Viele würden antworten: „Die Liebe“. Und was ist Liebe? Eine Frage, die sich hier nicht in aller Ausführlichkeit beantworten läßt. Doch eines steht fest: Liebe zeigt sich auch in der Bereitschaft zum Verzeihen. Verzeihen ist nicht immer so einfach, es erfordert eine innere Aktivität, ja es ist sogar Arbeit.
Der heilige Pfarrer von Ars sagt dazu: „Der liebe GOTT wird nur denen verzeihen, die verziehen haben. Anders geht das nicht. Die Heiligen hatten nicht den geringsten Haß und Groll; sie verziehen alles und meinten immer, daß sie wegen ihrer Sünden, wodurch sie GOTT beleidigt haben, es viel eher verdienten, gehaßt zu werden.
Die schlechten Christen aber wollen sich rächen. Sobald wir unseren Nächsten hassen, wendet sich GOTT gegen uns. Der Spieß wird umgedreht. Ich sagte einmal zu jemandem: ‚Sie wollen also nicht in den Himmel kommen, damit Sie diesen Menschen nicht zu sehen brauchen?‘ – ‚Oh ja, doch… Aber wir wollen uns fernbleiben, damit wir uns nicht sehen.‘ Das wird für sie nicht schwer sein, denn die Pforte des Himmels bleibt für den Haß verschlossen.
Der Himmel kennt keine Rachsucht. Für die guten und demütigen Herzen, die Unrecht und Schmähungen mit Freude oder Gleichmut ertragen, beginnt der Himmel schon auf dieser Welt; wer aber seinen Groll bewahrt, ist unglücklich. Es gibt Leute von großer äußerer Frömmigkeit, die bei dem geringsten Unrecht und der kleinsten Verleumdung sich betroffen und verletzt fühlen.“
So weit der Pfarrer von Ars.
Im Matthäus-Evangelium lesen wir: „Da trat Petrus zu IHM und fragte: HERR, wie oft muß ich meinem Bruder vergeben, wenn er sich gegen mich versündigt? Siebenmal? JESUS sagte zu ihm: Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal!“ (Mt 18,21-22). Das heißt immer und immer wieder vergeben!
Wer noch einen Schritt weitergehen möchte, sollte von der Vergebung zur Versöhnung kommen. Bei der Versöhnung ist es erforderlich, aufeinander zuzugehen. Jeder muß dem anderen die Hand reichen. Wenn jedoch der andere das Versöhnungs-Angebot verweigert, lädt dieser neue Schuld auf sich. Wenn man einander um Verzeihung bittet, kann etwas Neues beginnen. Wer nicht vergeben will und nicht zur Versöhnung bereit ist, muß sich fragen, ob er wirklich Christ ist. In einer Pfarramts-Verwaltung als Mitglied verzeichnet zu sein, ist nicht ausreichend, um sich Christ nennen zu dürfen.
Benno Turmsteiger
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