Nie zuvor hat es so viele unverheiratete Paare gegeben wie heute. Fragt man nach dem Grund, erhält man immer wieder die gleiche Antwort: Dann können wir leichter wieder auseinandergehen.
Diese „wilden Ehen“, wie der Volksmund sie mißbilligend nennt, bleiben dann natürlich kinderlos. Denn Kinder bedeuten Bindung und Verpflichtung. Und das wollen die jungen Paare ja gerade vermeiden. Sie wollen ihre Freiheit behalten, statt sie sinnvoll zu gebrauchen. Sie haben nicht gesehen, daß Kinder doch das Schönste sind, was es gibt, und haben unter ihrer Kinderlosigkeit gelitten, ohne es aber richtig zu begreifen. Hätten ihre Eltern ebenso gedacht, wären uns die klugen Leute erspart geblieben.
Vater oder Mutter zu sein, ist mehr, als Mann oder Frau zu sein. Es ist ein höheres Mensch-Sein, eine Rang-Erhöhung. Auch mit zunehmendem Alter zeigt sich, daß sie so klug nicht waren, wie sie gedacht hatten. Der Partner ist gestorben oder längst über alle Berge. Man ist allein und fühlt sich einsam. Keine Kinder kommen zu Besuch. Auch Enkelkinder gibt es nicht. Wie schön wäre es doch, Geschenke für Kinder und Enkel zu besorgen und sich dann mit ihnen darüber zu freuen. Damals hat man keine Kinder gewollt aus reiner Bequemlichkeit und Scheu vor der Verantwortung. So hatten sie ein Leben neben dem wirklichen Leben geführt und über die anderen gelacht, die so dumm waren, zu heiraten und Kinder großzuziehen. An ihrem Grab werden keine Kinder weinen. Und keine Enkel werden sich fragen, wer ihnen denn nun so schöne Sachen schenken wird. Alles nur, weil zwei Menschen einmal so klug waren, nur an sich selbst und die Gegenwart zu denken.
Werner Mertensacker
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