Einer der ältesten Pilger-Berichte

Israel ist immer im Brennpunkt der Weltgeschichte. Denn es ist das Ursprungsland des Christentums.

Der wohl bedeutendste alte Pilgerbericht – keineswegs der erste – sind die Aufzeichnungen des Kirchenvaters Hieronymus (347-419), der auch die Bibel ins Latein übersetzt (Vulgata) und seit 386, als ehemaliger Sekretär von Papst Damasus I., in Bethlehem lebt. Aus Rom folgt ihm ein Kreis frommer Frauen, um im Heiligen Land zu bleiben, unter ihnen die Witwe Paula und ihre Tochter Eustachium. Mit dem hl. Hieronymus zusammen und einer Schar von gottgeweihten Jungfrauen pilgern sie durch die biblischen Lande bis nach Ägypten.

Hieronymus und Paula unterwegs

Nach dem Tod von Frau Paula (†404) beschreibt Hieronymus ihr Leben in Form eines Trostbriefes an Eustachium (†419). Dies Werk ist zugleich ein Pilgerbericht, fast als habe Paula die Fahrt allein unternommen. Nach der langen Beschreibung der Anreise ist das Heilige Land im Haus des Cornelius erreicht (Apg 10,1), „jetzt eine Kirche“. Ebenso das Haus des Philippus (Apg 21,8) und das Dorf des Joseph von Arimathia, der sich um die Beisetzung des Leichnams JESU bemüht hat. Auch Emmaus, damals bereits Nicopolis genannt, wird besucht. Im Reisebericht heißt es: „Wo der am Brotbrechen erkannte HERR das Haus des Kleopas zu einer Kirche weihte“.

Anbetung in Jerusalem

Danach sind sie in Jerusalem: „Vor dem Kreuz warf sie sich nieder und betete an, als ob sie den HERRN noch daran hängen sähe. Im Grabe küßte sie den Auferstehungsstein, den der Engel vom Eingang des Grabes weggewälzt hatte, und die Stelle, an welcher der Leichnam des Herrn ge­ruht. Ferner wurde ihr der Ort ge­wiesen, wo der Heilige Geist auf die 120 Seelen herabgekommen war.“ All diese Pilgernotizen zeigen, wie getreu auch im 4. Jahrhundert die Orte Jesu überliefert waren, und wie tief die Bibelkenntnis des Hieronymus reichte. Auch die „Grotte des Erlösers“ hat Paula betreten. Mit Freuden­tränen ruft sie aus: „Sei gegrüßt, Bethlehem, in dem das Brot geboren, das vom Himmel herabkam.“

Besuch am Lazarus-Grab

Frau Paula geht auch die Straße nach Gaza, wo der äthiopische Kämmerer beim Lesen des Alten Testamentes und durch die Erklärungen des Philippus hin zur Taufe findet. Später besuchen sie das Lazarus-Grab, dann das Haus der Martha und Maria und ziehen nach Jericho hinab, von dort an den Jordan. Zwischen den Zeilen des Berichtes entfaltet der Theologe sein umfassendes Bibel-Wissen. Paula besucht auch die Gräber der Patriarchen und Propheten, von denen Jesus spricht. Als Besuchs-Orte werden erwähnt Nazareth, Kana und Kapharnaum, ebenso Tabor, der Berg der Verklärung. Alle, welche die glaubwürdige Überlieferung der Bibel anzweifeln, stehen angesichts der Fülle der Namen schwach da. Paula lebt danach drei Jahre in einer engen Unterkunft, bis sie ihre Kloster-Anlagen gebaut und eine Pilger-Herberge an der Straße gegründet hat, wo Maria und Joseph auf Herbergssuche waren. 
Pfr. Winfried Pietrek

Buch: Athos. Berg der Herausforderung (15 €)

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