Esel sind voll von ungeheurer Geduld. Deshalb gelten sie schon im AT als Friedens-Tier. So zieht JESUS auf einer Eselin am Palmsonntag in Jerusalem ein (Mt 21, 7). Das AT berichtet uns im Buch Numeri (4 Mos 22, 28), wie GOTT zu dem Esel des Bileam spricht und so den Propheten vor einer großen Torheit bewahrt.
Es ist die Zeit des Einzugs der Israeliten in die Steppen Moabs gegenüber von Jericho (4 Mos 22, 1). Die Moabiter sehen die erfolgreiche Landnahme der Israeliten mit Schrecken: Aus dem Nomadenvolk wird eine seßhafte Gruppe, die beginnt, einen Staat zu gründen. Der Moabiter-König Balak sucht bei dem bekannten heidnischen Seher Bileam Rat, läßt ihn vom Euphrat zu sich rufen, denn Bileam kann „segnen und verfluchen“. Jetzt soll er die eindringenden Israeliten verfluchen. Die Boten des Moabiter-Königs bewegen den Seher zum Aufbruch.
Die sprechende Eselin
Bileam ist zwar kein jüdischer Prophet, aber ein gottesfürchtiger Seher. Was der Moabiter-König von ihm will, weiß er nicht. Ihm ist nur klar, daß er wieder einmal von einem mächtigen Herrscher um Rat gefragt wird. Erstaunliches geschieht nun. Auf einmal unterbricht sein Esel die Reise und läßt sich am Straßenrand nieder. Gutes Zureden und Schläge mit dem Stock helfen nichts. Dreimal wiederholt sich die Szene. Geduldig ruht die Eselin aus. Bileam hält sie für störrisch. Will sie sogar töten. Da beginnt sie durch die Allmacht GOTTES zu sprechen: „Was habe ich dir getan? Warum schlägst du mich?“ Erschrocken gesteht Bileam sein Unrecht ein. Da gehen ihm auf einmal die Augen auf, und er sieht den Engel vor ihnen stehen, dem sein Esel ausgewichen ist. Der gottesfürchtige Bileam wirft sich zu Boden und hört ihn sprechen: „Warum hast du denn deine Eselin schon dreimal geschlagen? Siehe, ich selbst bin ausgezogen, um dir zu widerstehen. Denn diese Reise wird gegen meinen Willen unternommen. Die Eselin sah mich, und wich schon dreimal vor mir aus. Wäre sie nicht ausgewichen, dann hätte ich dich jetzt getötet, sie selbst aber am Leben gelassen.“ (Num 22, 32) Bileam will umkehren und zurück an den Euphrat. Doch da ermutigt ihn der Engel mit dem Feuerschwert: „Geh mit den Männern, rede aber nur das, was ich dir sagen werde.“ So setzt der Seher seine Reise fort und trifft den Moabiter-König Balak, der ihm bereits bis an die Grenze seines Reiches entgegeneilt.
Segen statt Fluch
„Was GOTT mir in den Mund legt, das allein werde ich reden“, erklärt Bileam dem Balak. Statt die eindringenden Israeliten zu verfluchen – wie es Balak wünscht – strömen lange Segenssprüche auf sie aus dem Mund des Sehers. So schützt JAHWE SEIN Volk bei der Landnahme durch den Mund eines fremden Sehers. Der Segen des Bileam gipfelt in den Worten über das auserwählte Volk: „Wer dich segnet, der sei gesegnet! Wer dich verflucht, der sei verflucht!“ Der Moabiter-König zieht den Seher hierfür nicht zur Rechenschaft, sondern läßt ihn unbeschadet in seine Heimat am Euphrat zurückkehren. Er hat erkannt: Gegen die einziehenden Israeliten kann er nichts ausrichten. Kann sie weder militärisch besiegen, noch verfluchen. JAHWE ist mit ihnen. JAHWE ist der Stärkere. Und die Eselin? Sie lehrt uns Geduld und Weisheit: Sie war es, die den warnenden Engel als erste sah und klugerweise Gefahr witterte und sich der Stimme des Engels mit dem Feuerschwert unterwarf.
Sr. Maria Anja