Güte ist die stärkste Kraft der Welt. Darum folgt ihr oft innere Freude. Was ist Güte? Sie beginnt damit, offen zu sein für andere, sich selbst zurückzunehmen, sogar Beharren auf eigenes Recht fallenzulassen – wenn es nicht unabdingbar ist wie z. B. das Lebensrecht jedes Menschen. Auch JESUS, das Vorbild aller Güte, hat sich verteidigt. In der Bergpredigt (Matthäus 5-7) empfiehlt er: „Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin“ (Mt 5,39).
Zugleich aber hat der Sohn GOTTES jedoch Ehrfurcht vor der eigenen Würde. Während des Verhörs durch den Hohenpriester schlägt einer von dessen Knechten JESUS ins Gesicht. Dieser antwortet: „Wenn es nicht recht war, was ich gesagt habe, dann weise es nach! Wenn es aber recht war, warum schlägst du mich?“ (Johannes 18,23)
Trottelhaftigkeit?
Von vielen wird Güte als schwächliches Zurückweichen angesehen. Doch in Wirklichkeit ist sie Stärke. Gutsein ermutigt den anderen, auch gutzusein: Ein freundliches Wort, der ausgewogene Ton der Stimme, ein mitfühlender Blick – und eine niedergedrückte Seele lebt auf und weiß sich ermutigt. Es gilt, die guten Seiten seines Charakters an den Tag zu bringen und zu fördern, das Gold in seinem Herzen zum Schmelzen zu bringen. Auch durch Enttäuschungen läßt sich, wer gütig sein will, nicht lähmen. Statt in Wut oder Verbitterung zu verfallen oder in Spott oder Kritiksucht zu flüchten, sucht der Enttäuschte, eigener oder fremder Verhärtung mit Lächeln, Sachlichkeit oder Humor entgegenzutreten. Vor allem aber mit Güte und deren Schwester, der Demut.
Kleine Ehe-Schule
Wer nicht dienst- und hilfsbereit sein will, sollte besser nicht heiraten. Er gerät allerdings leichter auf den Ego-Trip. Mann und Frau denken oft anders und sind auch in ihrer Seelen-Struktur so unterschiedlich, daß sie täglich neu Gelassenheit, Güte und Versöhnung einüben müssen. Für den Christen ist Güte in der Ehe sowohl leichter wie schwieriger. Sein Gewissen ist stärker verfeinert, weil er stärker umkämpft ist. Zugleich aber erhält der Christ durch Taufe, Sakramente, Bibel, Gebet mehr Hilfen, so daß von ihm im Weltgeschehen auch mehr Güte gefordert ist. Der Christ weiß: GOTT ist auch gütig, wenn er anderes gibt. Selbst Enttäuschungen darf der Christ GOTT schenken.
Warum fehlt Güte?
Die ganze Menschheit ist begrenzt und geschwächt. Erbschuld nennen das die Christen. JESUS aber lehrt, wie die Folgen des Sündenfalls gedämpft werden können. Gottvertrauen ist die Voraussetzung: Helfen, teilen, Freude machen. Zur Güte der Tat gehört auch das Gespräch mit GOTT. Die Welt sähe anders aus, wenn es mehr gütige Menschen gäbe, die intensiv beten. Größere Selbstlosigkeit ist gefragt. Keinem fällt sie leicht.
Übungen zur Güte
Lassen wir Arbeit liegen, auch wenn sie uns selbst wichtig scheint, wenn ein anderer uns sprechen will? Der Hilfesuchende ist immer der Wichtigste. Demütig-Gütige lassen sich für Kleinigkeiten anderer, z. B. eines Kindes, aufreiben. („Schön dumm!“) Doch einen fröhlichen Geber liebt GOTT. Der Gütige überläßt die Wahrheit keineswegs den privatisierten Gewissen. Zu echter Güte gehört Festigkeit gegen allen Verrat. Güte bedeutet, sich ständig bewußt zu sein, daß wir als Werkzeug von GOTT gebraucht werden, und daß ER alles in seiner Vorsehung lenkt.
Wichtigste Lebens-Aufgabe
Die göttliche Vorsehung will jeden zur Güte führen, weil wir Spiegelbilder GOTTES sind. Das eigene Mitwirken ist die wichtigste Aufgabe unseres Lebens – bis hin zur Feindesliebe und zur Güte als Antwort auf den Anruf des Schöpfers. Der Vater des verlorenen Sohnes (Lukas 15,20) läuft dem Zerlumpten und Verluderten sogar entgegen, ihn zu umarmen und zu küssen. Der Ring der Autorität wird ihm wieder angesteckt und Sandalen werden angezogen, zu zeigen, daß der Sohn und auch wir keine Sklaven der Sünde mehr sind.
Pfr. Winfried Pietrek
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