Hat das Leid einen Sinn?

Unter den Argumenten der Atheisten spielt das Leid eine große Rolle. Wenn es einen Gott gäbe, verkünden sie forsch, würde es das Leid nicht geben. Doch so einfach ist die Sache nicht. Es gibt z. B. das selbstverschuldete Leid. Ein Sprichwort weiß: Das ist das schlimmste Leid, das der Mensch sich selbst andeit.

Dazu gehört das Leid durch Alkoholismus, Drogenabhängigkeit, falsche Ernährung, Bergsteigen, kriminelle Aktivitäten, Abenteuer, Sünden, Affären usw. Zieht man das Leid aus schuldhaftem Verhalten ab, bleibt das schicksalhaft verursachte Leid: Naturka­tastrophen, Kriege, Krankheiten, Unfälle, Verbrechen, Mobbing usw. Mit dem Problem des Leids ist auch die Frage verbunden, ob das Leid einen Sinn hat. Ein Sprichwort sagt: Leiden sind Lehren. Sie wollen unser Verhalten ändern. Doch das gilt nur für einen kleinen Teil der Leiden. Manche Leute glauben, daß Leiden läutern können, was eine innere Besserung bedeutet.  Andere sagen, daß man im Leiden das Beten lerne. Im Schützengraben gibt es keine Atheisten. Eins hat wohl schon jeder erfahren: Je härter wir geschlagen, je mehr sind wir gestärkt.

Im Buch Hiob des Alten Testamentes lehnt Gott es ab, mit Hiob auf Augenhöhe über das Leid zu sprechen. Stattdessen beruft er sich auf seine überragende Weisheit, die hoch über allem menschlichen Wissen stehe. Gott kennt den Sinn des Leids, der Mensch nicht. Wenn Hiob auch keine Antwort auf die Frage erhält, warum er leidet, weiß er jetzt aber: Mein Leid hat einen Sinn. Und nicht nur sein Leid, auch unser Leid und alles Leid der Welt. Wenn man weiß, daß alles Leid einen Sinn hat, kann man auch sein ei­genes Leid etwas besser ertragen. Wir müssen glauben, daß das Leid einen Sinn hat und dürfen es nicht für ein Argument gegen Gott halten, was es nicht ist.

Das größte Leid, das je einer erlitten hat, hatte auch den höchsten Sinn: Das Opfer des Gottessohnes hat alle Sünden der Menschheit gesühnt und Gott wieder mit den Menschen versöhnt. Auf die Frage nach dem Sinn des Leids antwortete der Psychotherapeut Viktor Frankl (1905-1997): „Erst unter den Hammerschlägen des Schicksals, in der Weißglut des Leidens, gewinnt das Leben Form und Gestalt.“ Der Mensch ist das Eisen, das Schicksal der Schmied. An einem Bauernhaus in Schleswig-Holstein steht: Wechselnde Pfade, Schatten und Licht, alles ist Gnade, fürchte dich nicht.
Werner J. Mertensacker

Buch: Packende Nahtod-Erlebnisse (15 €)

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