Sie haben 160 Kilometer zurückgelegt. Die Schwangere ist erschöpft. Können sie nicht zahlen? Werden sie abgewiesen, weil eine Schwangere vor 2.000 Jahren in Israel als unrein gilt? Fürchtet der Wirt, die Umstände der Geburt könnten Gäste vertreiben? Oder ist die Herberge wegen der Volkszählung bereits ausgebucht?
Wir alle sind obdachlos
Hilflosigkeit steigt in Maria und Joseph auf. Um so inniger sind sie auf GOTT verwiesen. „ER kommt in Sein Eigentum. Die Seinigen aber nehmen IHN nicht auf“, berichtet Johannes später (1,11). Auch Lukas erfährt von der obdachlosen Schwangeren (2,7). Doch er berichtet zuerst vom Glück dieser Geburt und erst im Nachklang, beinahe beiläufig, daß „kein Platz für sie war.“ Warum dieser Bericht?
Wir alle, nicht nur der Wirt oder eine Schwangere, nehmen manchmal einen anderen nicht an, bewußt oder unbewußt. Für uns selbst suchen wir Geborgenheit, einen anderen übergehen wir oder verweigern uns. Gewiß, das Recht auf einen privaten Bereich existiert. Nur freiwillige Nächstenliebe ist gesegnet. Schnell finden wir jedoch eine Ausflucht, wie wohl der Wirt in Bethlehem auf den Stall deutet, in dem sonst herangeführtes Vieh vor dem Verkauf in Jerusalem aufgefüttert wird.
In der „Herberge zur Heimat“
So nennen wir eine Unterkunft für Obdachlose. Sie erinnert an die ewige Herberge. Denn selbst der reichste Hausbesitzer wird zuerst obdachlos, bevor er vor GOTT ankommt.
Hilflos zu sein – eine Vorübung, von GOTT abhängig zu sein. Welches Glück! (Einige Leser werden empört aufbegehren.) Doch sich einzuüben für den Augenblick, da wir als Arme bei GOTT um Quartier anklopfen, ist ein Geschenk. Jedesmal, wenn wir ein Stück trocken Brot essen, üben wir unser aller Obdachlosigkeit ein. Jedesmal, wenn wir uns ein Stück Besitz vom Herzen reißen, schaffen wir ein wenig Herberge für GOTT, meist durch einen Mitmenschen hindurch.
M. F.