Manchmal scheint JESUS uns zu überfordern. In der Bergpredigt sagt ER: „Wer seinem Bruder zürnt, verfällt dem Gericht.“ (Mt 5,22) Sind wir dann nicht alle verloren? Regen wir uns nicht mindestens einmal am Tag über einen anderen auf?
Es existieren gerechter und ungerechter Zorn. JESUS selbst reinigt mit einer Geißel aus Stricken den Tempel-Vorhof. Sein Zorn ist gerechtfertigt. Der Tempel ist zum Gebet da und kein Supermarkt. Händler haben im GOTTES-Haus nichts zu suchen. JESUS zeigt hier gerechten Zorn.
Grenzen des Zorns
Doch auch gerechter Zorn hat Grenzen.
Es ist richtig, Fehlentwicklungen in Kirche und Staat anzumahnen, doch wenn darüber die Freude an GOTT und am Leben verlorengeht, nimmt die Seele Schaden.
Auch berechtigte Kritik an Verantwortlichen der Kirche und des Staates muß einmal ein Ende haben.
Sonst bleibt Groll in unserem Herzen stecken, und wir verlieren unseren Seelenfrieden und gehen selbst verloren.
Nun zum falschen Zorn, um den es JESUS im Evangelium geht. Es ist der weit verbreitete ungerechte Zorn durch Urteile über Abwesende im Gespräch und durch negatives Denken über andere. Wir kennen weder das Herz des anderen, noch dessen Motivation, noch dessen persönliche Hintergründe, so daß wir gar nicht urteilen können. Stattdessen richten wir nach dem Augenschein. Oft wird verallgemeinert, ohne daß der Betreffende sich verteidigen kann.
GOTT allein ist Richter
Hinzu kommt das Paradox: Wir richten andere, wollen aber selbst nicht von anderen ungerecht behandelt werden. Das geht aber nicht, denn wir alle sind begrenzte Menschen. Deshalb mahnt JESUS uns: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet!“, „Wer seinem Bruder auch nur zürnt, ist dem Gericht verfallen!“ Stattdessen die Aufforderung JESU: „Wenn dein Bruder etwas gegen dich hat, versöhne dich mit ihm!“ (Mt 5,24 ). Also nicht nur, wenn wir etwas gegen den anderen haben, sollen wir Versöhnung suchen, sondern sogar, wenn der andere etwas gegen uns hat, sollen wir immer wieder den Weg des Friedens suchen. Vorausgesetzt natürlich, daß der andere unser Friedensangebot annimmt. Weigert er sich, dann „behandele ihn wie einen Heiden“ und gib dich nicht weiter mit ihm ab. JESUS setzt sogar noch einen drauf: „Wenn eure Gerechtigkeit nicht größer ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, könnt ihr nicht in das Himmelreich eingehen“ (Mt 5,20 ).
JESUS heißt „Retter“
Wer aber kann dann gerettet werden? Jeder der glaubt, daß JESUS unsere Gerechtigkeit ist und IHN um Hilfe bittet. Wir müssen aufhören, uns selbst für gerecht zu halten. „Selbst der Gerechte fällt siebenmal am Tage“ (Spr 24,16 ). Nur GOTT ist immer gerecht. Je mehr wir das leben und anerkennen, um so mehr wird GOTT uns zur Feindesliebe helfen. Denn ER ist es, der Kraft schenkt, Zorn und Ärger zu überwinden: „Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit!“ (Mt 5,6 ) Damit ist nicht gemeint, daß wir von allen gerecht behandelt werden, sondern wir danach hungern, GOTTES Willen zu erfüllen. Zuletzt siegt nur Seine Liebe und löscht allen Haß in der Welt. Noch vom Kreuz aus betet JESUS für uns: „VATER, verzeih ihnen. Denn sie wissen nicht, was sie tun.“ (Lk 23,34) So müssen auch wir handeln, wenn wir uns ungerecht behandelt fühlen.
Pfr. Winfried Pietrek
CM-Buch: Vom Saulus zum Paulus (5 €)